Vorgeplänkel
Im April 1993 ziehen Holger und Sascha aus Lübeck nach Berlin. Die Suche nach einem bezahlbaren neuen Zuhause bleibt ergebnislos, so dass man vorerst mit 1½ Zimmern im wahrscheinlich hässlichsten Hochhaus der Welt im Plattenbauviertel Lichtenberg vorlieb nehmen muss. Die Wirkung der erdrückenden Atmosphäre dieses Zeugnisses sozialistischen Wohnungsbauwahnsinns auf die beiden bleibt nicht aus: Sie lassen sich die Haare bis zum Po wachsen, trüben ihre Blicke auf die unwirtliche Umgebung mit dunklen Augengläsern und reichlich Bärenquell und beginnen, sich seltsame Lieder auszudenken.
Irgendwann bringt ein gemeinsamer Bekannter den gerade aus Hamburg zugezogenen Constantin mit zu Holger und Sascha, wo sich ein handverlesener Kreis junger Menschen regelmäßig zur Erörterung des tagespolitischen Geschehens, zum Musikhören, "Siedeln" und Bärenquelltrinken trifft. Constantin weiß mit seiner umfangreichen Schallplattensammlung und seinem Wissen über Popmusik zu beeindrucken und sieht darüber hinaus ein bisschen wie John Lennon aus.
Holger, Sascha und Constantin haben einen gemeinsamen Traum: Reich und berühmt sein, ohne dafür viel gearbeitet haben zu müssen! So beschließen sie, eine Band zu gründen und ein paar Hits aus den Ärmeln zu schütteln. Zuvor müssen aber in sehr langwierigen Diskussionen einige grundlegende Dinge geklärt werden (u.a. welches Instrument optisch zu wem am besten passt und wer bei den Konzerten wo auf der Bühne stehen darf). Als gemeinsamer musikalischer Nenner findet sich der "Independent-Rock" der 80er, der in den Neunzigerjahren "Alternative" heißt. Besonderen Eindruck haben Gruppen wie z.B. Pixies, Pavement und vor allem natürlich Sonic Youth hinterlassen. Angesichts der Tatsache, dass niemand Englisch ohne unüberhörbaren peinlichen Akzent sprechen kann, fällt der Entschluss, die eigenen Lieder in deutscher Sprache zu halten.
 
Erste Versuche
Endlich finden im Frühjahr 1996 in dem einem der eineinhalb Zimmer die ersten gemeinsamen musikalischen Versuche statt. Zunächst probt man Coverversionen: "Here she comes now" von Velvet Underground und den Stooges-Klassiker "I wanna be your dog". Nachdem die Proteste der Nachbarn immer heftiger werden, müssen die Proben bald in den "Kunstraum-Mitte" verlegt werden, dem Dachgeschoss einer alten Fabrik in "Mitte", in dem ansonsten Kunstausstellungen stattfinden und Parties, auf denen Leute in schwarzen Rollkragenpullovern Beck's aus kleinen Flaschen trinken und Computer-Musik hören.
Anlässlich einer Feier in einer befreundeten WG gibt es das erste kleine Konzert. Das überwiegend aus der niedersächsischen Provinz zugereiste Publikum will viel lieber Ramstein hören und ist irritiert vom, eigentlich durch Unsicherheit bedingten, flapsigen Auftreten der Band, das es fälschlicherweise als überhebliche Coolness deutet... - ein voller Erfolg also! Man beschließt, diese Attitüde bei zukünftigen Auftritten als Markenzeichen zu übernehmen.
 
Rhythmus ist Trumpf
Mit der Abwendung von größtenteils improvisierten Feedback-Schichtungen zugunsten songorientierterer Strukturen (bzw. dem allmählichen Beherrschen der Instrumente) macht sich das Fehlen eines Schlagzeugers immer mehr bemerkbar.
Glücklicherweise reißen sich gleich mehrere Kandidaten förmlich um diesen Job. Nach ausgiebigem Abwägen aller Für und Wider fällt die Wahl schließlich auf Tobi, für den unter anderem die Tatsachen sprechen, dass er mit seinem schicken, braunen "Wartburg Tourist" ein adäquates Bandmobil sein eigen nennt und dass er, weil er prinzipiell keinen Alkohol trinkt, nahezu uneingeschränkt fahrtüchtig ist.
Die ersten gemeinsamen Proben als Quartett im Frühjahr 1997 sind vielversprechend: Tobi fügt sich musikalisch sehr gut ein und lockert die Atmosphäre mit gruseligen Erzählungen aus seinem Alltag als Medizinstudent auf.
 
Live und in Farbe
Im Dezember 1997 findet im "Kunstraum" das erste der inzwischen legendären Nikolaus-Konzerte statt. Dieses Ereignis hinterlässt leider nicht nur bei den zahlreichen Gästen einen tiefen Eindruck: Während der folgenden Probe beschlagnahmt etwa ein Dutzend Polizisten in einer überfallartigen Aktion die Verstärker.
Erst nach langen Auseinandersetzungen mit einem sehr unfreundlichen Sachbearbeiter im für Ruhestörungen zuständigen Umweltamt Berlin-Mitte kann die Wiederherausgabe des Equipments aus der Asservatenkammer erwirkt werden.
Die Betreiber des "Kunstraumes" sind von den Geschehnissen nicht besonders angetan und legen nahe, sich nach einer neuen Probegelegenheit umzuschauen.
Diese findet man schließlich im WB13, einem selbstverwalteten Jugendzentrum in Berlin-Hohenschönhausen.
Hier darf man so laut sein, wie man will, und die benachbarten Plattenbauten wecken nostalgische Gefühle bei den inzwischen nach Friedrichshain umgezogenen Ex-Lichtenbergern.
Es wird eifrig am Live-Repertoire gearbeitet und bald erobert Sirup die Bühnen der Welt, wobei "Welt" in diesem Zusammenhang zunächst einmal in erster Linie Berlin und Brandenburg heißt. Nach und nach ist man aber auch vermehrt in Clubs und auf Festivals im Rest Deutschlands präsent.
 
Stu Stu Studio
Im Sommer 1999 werden im Studio der FHTW unter der technischen Leitung von Enrico Ortmann sechs Stücke eingespielt und Anfang 2000 auf der CD "1999" im Selbstvertrieb unter die Leute gebracht.
Im Juli 2000 steigt Constantin aus der Band aus. Nach einigen Versuchen mit verschiedenen Rhythmusgitarristinnen und -gitarristen fällt der Entschluss, Sirup als Trio zu belassen. Stilistisch hat dieses einen transparenteren, verstärkt ungewöhnliche rhythmische Wendungen fokussierenden Sound zur Folge.
2002 finden in Zepernick in Hannes Schulzes indierect. 45 studio Aufnahmen statt. Die neun daraus resultierenden Stücke werden im Frühjahr 2003 auf der CD "macht Unsinn" veröffentlicht.
 
First we take Berlin...
...then we take Uppsala! Ende 2007 emigriert Holger ins schwedische Exil, was sich unvorteilhaft auf die Regelmäßigkeit der Proben auswirkt (bei denen wir aber eigentlich eh immer nur quatschen und Bier trinken). Allerdings kann Sirup nunmehr als internationales Projekt betrachtet werden und der angestrebten weltweiten Karriere steht jetzt eigentlich nichts mehr im Wege. In Hannes' indierect. 45 studio finden mal wieder Aufnahmen für eine neue CD statt. [wird fortgesetzt...]
 
Letzte Änderung: 11.03.2016, 22:00 Uhr Seitenanfang